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Der Weg zur Gründung

Wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg entstand 1949 im zum Flüchtlingslager umfunktionierten KZ der Spiel- und Sportverein (SSV) Dachau-Ost. Neben Fußball und Tennis als Vertreter der Sportfraktion kam bei dem Vorstand des SSV zügig der Wunsch auf, die Mitglieder auch theatral einzubinden. So entstand 1952 ein kurzer Einakter bei der Weihnachtsfeier des Vereins bei Seebach, dem Wirtshaus des Lagers. Dieser ersten nachweisbaren Theateraufführung folgte alle Jahre wieder zur Adventszeit ein Stück weihnachtlicher Thematik, das die Mitglieder des SSV mit Spaß und Leidenschaft auf die Bühne brachten.

 

Zügig wurden die Theateraktivitäten Tradition und wurden immer aufwendiger in Szene gesetzt. Aus Einaktern wurden Zweiakter, aus Zweiaktern, Dreiakter. Nach dem Aus des Wirtshauses Seebach zog man in das Gasthaus Hupfloher um, dem heutigen Augustenfelder Hof, der allerdings Ende der 50er Jahre auch die Pforten dicht machte und den Weihnachtsspielen des SSV Dachau-Ost damit jäh seiner Existenz beraubte

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Gründung der Ostlerbühne

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Doch der Mangel eines Spielortes konnte der neu entfachten Theaterleidenschaft der SSV-Mitglieder nicht den Garaus machen. Auf der Jahreshauptversammlung 1965 wurde eine Unterabteilung des Vereins mit theatralem Schwerpunkt gegründet, die den Namen „Ostler-Bühne“ erhielt. Georg Stein wurde zum Abteilungsleiter gewählt. Die Gründung der Ostler-Bühne zu diesem Zeitpunkt war vom SSV politisch nicht unmotiviert, denn die „Theatergemeinde des ASV Dachau“ existierte und erarbeitete Stücke für das Dachauer Publikum bereits seit 1953.

Als Amateurtheater war es das Ziel der Beteiligten Kultur zu pflegen und den bayerischen Dialekt zu pflegen. Die Stücke wurden dem schon damals populäre Genre des bayerischen Lustspiels entnommen. Interessierte Spieler gab es im SSV zu genüge, auch die nötigen Mittel waren vorhanden, doch neben dem andauernden Fehlen einer Aufführungsstätte, mangelte es der Ostlerbühne an einem geeigneten Regisseur. Regie führen. Das war eine Aufgabe, die sich noch keiner der spielwütigen SSVer zutraute.

 

Über die befreundete Ludwig-Thoma-Gemeinde erhielt man Kontakt zu dem pensionierten Berufsschauspieler Horst Braun aus Obermenzing, der fortan 22 Jahre als Regisseur des Theatervereins tätig war und die inhaltliche wie ästhetische Ausrichtung der Ostlerbühne massiv vorgab und prägte. Als Spielort konnten schließlich die Räumlichkeiten des ehemaligen Capitol-Kinos in der Notkirche Hl. Kreuz in der Sudetenlandstraße gewonnen werden, die heute das Musikheim der Knabenkapelle beherbergt.

So wurde bereits im Oktober 1965 mit „Die drei Eisbären“ von Maximilian Vitus das erste Stück der Ostler-Bühne recht improvisiert aufgeführt. Der als Kino konzipierte Saal war keineswegs gut für Theateraufführungen geeignet. Es gab weder Garderoben noch Toiletten für die Darsteller, man behalf sich mit raumtrennenden Vorhängen und Eimern. Doch die Illusion für die Zuschauer existierte, dank den detailgenauen Kulissen, die die Mitglieder des Vereins unter der Anleitung von Roman Schmid fertigten. Das bestätigte auch die Dachauer Nachrichten nach der Premiere des zweiten Stückes „Glück auf der Alm“ von Maria Ibele 1966: „Entscheidende Vorarbeit für das Gelingen der Aufführung war die ansprechende Bühnengestaltung, was bei der äußerst schmalen Bühne des ehemaligen Capitol-Kinos etwas heißen will.

Umzug ins Ludwig-Thoma-Haus 

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Als das Capitol-Kino 1975 an die Knabenkapelle verpachtet wurde, suchte und fand die Ostler-Bühne mit dem Ludwig-Thoma-Haus eine neue Heimat. Eine Heimat, die bis heute besteht. Mit dem Umzug in die Dachauer Altstadt beschlossen die Mitglieder des Theaters eine Umbenennung des Vereins. In den 70er Jahren war der Dachauer Osten aufgrund seiner Vorgeschichte noch immer unbeliebt unter vielen Bürgern. Zudem suchte man nach einem neutraleren Namen und fand ihn in der „Volksbühne Dachau“. Eine Entscheidung, die nicht von allen Mitgliedern ohne Groll hingenommen wurde und einige Austritte nach sich zog. Doch der Name besteht bis heute und hat sich zu einem festen Bestandteil der Dachauer Kulturlandschaft entwickelt. Trotzdem schienen auch die ersten Jahre nicht von den Dachauern unbemerkt zu bleiben und hallten noch lange nach, denn noch 1993 bezeichnete die Dachauer Nachrichten die Volksbühne als „Ostlerbühne, wie sie seit Jahren im Volksmund der Dachauer genannt wird.“

Der Stockmann-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses bot dank seiner Größe die optimalen Entfaltungsmöglichkeiten für das Theater der Volksbühne.

Die breite Bühne, die luxuriöse technische Ausstattung, Garderoben und Aborte waren der Qualität der Inszenierungen äußerst zuträglich, wie schon die dortige Premiere, „Zwei in einer falschen Wiege“ von Jim Keulemans eindrucksvoll demonstrierte. Ein weitere Entwicklung, die die Volksbühne noch heute von anderen Bühnen abhebt war nun möglich: die Verbindung des Kulturellen mit dem Kulinarischen. Kinostühle wurden gegen Tische getauscht, der Verzehr von warmen Speisen als Ergänzung zur Darbietung auf der Bühne sollte für das Publikum den Theaterbesuch abrunden und zum Erlebnis machen: bayerische Kultur für Herz und Magen.

 

Die Volksbühne erfreute sich inzwischen so hoher Beliebtheit, dass der damalige Abteilungsleiter Hans Putterer 1978 das Wagnis vorschlug statt einer, zwei Stücke pro Jahr zu produzieren, nachdem zuvor schon die Aufführungsanzahl einer Inszenierung erfolgreich auf drei angehoben wurde. Während sich die Volksbühne in Dachau also immer weiter verankerte, verlor der SSV ideell den Zugang zu zu ihr langsam aber stetig. SSV-Mitglieder in den Vorstellungen zu sehen war eine Seltenheit, auch Mitspieler rekrutierten sich meistens von extern.

 

Doch den wahren schweren Schlag erfuhr die Volksbühne mit dem tragischen Unfalltod Horst Brauns im Jahr 1987. Nur zwei Jahre zuvor hatte er mit seinem selbstgeschriebenen Stück „Der Sündenpfuhl“ zum 20-jährigen Jubiläum den Höhepunkt seiner Regielaufbahn gehabt. Er inszenierte 33 Stücke. Für wenige Jahre übernahm ehemalige ASV-Schauspielerin Antonia Schendzilorz die Regie an der Volksbühne, ehe auch sie aus persönlichen Gründen zurücktreten musste.

Es folgte Roland Strobl. Im März 1989 feierte Strobl mit „Ferien beim Lamplwirt“ von Franz Schaurer sein Regiedebüt. Braun selbst hatte ihn noch zu Lebzeiten als seinen Nachfolger auserkoren und schließlich sprach sich auch das Ensemble einstimmig für ihn als neuen Regisseur aus. In den 26 Jahren hat Strobl die Volksbühne auf das Niveau gehoben, das sie bis heute hat, hat den Stil, den Braun entwickelte perfektioniert und das Regieszepter nur zweimal aus der Hand gegeben: 1994 an Hans Putterer für „Fix, Teife und Halleluja“ von Xaver Huisenbeck und 2008 an Rudolf Lackner für „Wegen Erbschaft geschlossen“ von Günther Philip.

Alles in allem führte Strobl bis dato bei 52 Inszenierungen Regie.

Strobl führte die Volksbühne auch als Vorstand durch die kommenden Jahrzehnte. Er fand, um den Vorstellungsbetrieb nicht aussetzen zu müssen, im Saal des Rot-Kreuz-Heims eine Ausweichspielstätte für die Jahre 1992-94, in denen das Ludwig-Thoma-Haus wegen Umbauarbeiten geschlossen war. Eine Lösung, auf die auch 2003 zurückgegriffen werden musste.

Zwei Jahre zuvor empfing die Volksbühne ihren bis dato prominentesten Besuch. Die berühmte Münchener Schauspielerin Ernie Singerl stattete dem Stück „Der ledige Bauplatz“ von Regina Rösch einen Besuch ab. Das Lob der erfahrenen Volksschauspielerin war die Bestätigung der langjährigen Bemühungen der Volksbühne Dachau.

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